Lost Places - Sperrzone von Tschernobyl

Pripjat, Sperrzone von Tschernobyl und andere verlassene Orte

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Poliske

Stadt Poliske

Habne - ist ein Städtchen. Es gibt ein Städtchen Namens Habne und es hat alles was so ein Städtchen haben muss: eine Poststelle, einen Staatsrabbiner, einen Fluss, einen geistigen Rabbiner, einen Telegraphen, einen Friedhof, eine Schule, die Chassiden, zwei Synagogen, sehr viele Arme, sehr wenige Wohlhabende, wie es für unsere kleinen Städtchen üblich ist.

"Habne"

Shalom Aleichem (Schalom Rabinowitsch, שלום־עליכם)

1905

Anmerkung: Habne – ist der (bis 1934) frühere Name der Stadt Poliske.

Habne, der Name einer Siedlung am Fluss Usch, tauchte zum ersten Mal in den Schriftstücken datiert um 1415. Seiner Zeit gehörte Habne dem litauischen Königreich an, danach dem polnischen und am Ende des 18. Jahrhundert zum Russischen Imperium. Nach einer Version gründeten Habne Kiewer Juden, die vor Überfällen der Nomaden dorthin geflüchtet waren. Im 16. und 17. Jahrhundert spielt die Siedlung eine wichtige Rolle in der Verteidigung der Region. Im 19. Jahrhundert war Habne für seine Weber und die Textilproduktion bekannt. Laut der Einwohnerstatistik von 1890 bildeten die Juden mit 80% den grössten Anteil. Später, wo die anliegenden Aussenbezirke überwiegend von Ukrainern, Polen und Litauern bewohnt, offiziell der Stadt angeschlossen wurden, verringerte sich der Anteil ein wenig.

Eigentlich waren alle mit dem Namen der Stadt soweit zufrieden. Aus irgendwelchen Gründen jedoch gefiel der Name den 1920 an die Macht gekommenen Bolschewiken nicht. Dazu kam es gerade passend, dass ein hoher Parteifunktionär der Bolschewiken Lasar Moisejewitsch Kaganowitsch, aus einem kleinen Dorf Kabani (jetzt Dibrowa) nicht weit von Habne stammte: So wurde nicht lange überlegt und in 1934 nannte man Habne nach "dem Wunsch des Arbeitervolkes" in "Kaganowitschi I" und das Dorf Kabani in "Kaganowitschi II" um. Ende der 50er Jahre erinnerte der zweite Name der Stadt die damaligen Machthaber unangenehm an die Vergangenheit… Dazu kam mal wieder sehr passend „der Wunsch des Arbeitervolkes“ alles wieder umzubenennen. Die Machthaber reagierten selbstverständlich darauf und so wurde die Siedlung "Kaganowitschi I" 1957 in neutrales "Poliske" und das Dorf "Kaganowitschi II" in nicht weniger neutrales "Dibrowa" umbenannt.

Anscheinend wurden ausserhalb der Sowjetunion unsere ewigen Umbenennungen mit höchster Sorgfalt verfolgt, bis es irgendwann keinen Sinn mehr ergab. Dem zufolge stehen auf modernen ausländischen Karten, witziger weise, oftmals alle drei Varianten: "Habne", "Kaganovitschi I" und "Polesskoje" drauf

Nach der Reaktorkatastrophe im April 1986 wurde Poliske zum Hauptort für die Evakuierten aus Pripjat. Die Stadtverwaltung Pripjats kam ebenso hierher. Einige Einwohner aus Pripjat schafften sogar hier einen festen Wohnsitz zu bekommen.

Trotz der relativ weiten Entfernung von über 50 km zum havarierten AKW ist Poliske nicht viel weniger verstrahlt worden wie z.B. Pripjat. Die Stadt lag mitten in der so genannten "westlichen Spur" des radioaktiven Fallouts. 1993 wurde Poliske zu "der Dritten Zone" (die Zone der freiwilligen Umsiedlung). Zu der Zeit lebten dort etwa 12.000 Menschen. In 1996 hat man Poliske den Status einer Kreisstadt aberkannt. Daraufhin zog die Verwaltung samt allen Behörden nach Krasjatytschi. 3 Jahre später wurde Poliske für unbewohnbar erklärt und das gesamte Territorium samt der anliegenden Dörfer in die Verwaltung der Administration der "Zone der Entfremdung" übergen.

Das Ende der Geschichte von Habne – Poliske.

Die Einfahrt nach Poliske. Rechts von der Strasse ist eine Tankstelle.

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Links von der Strasse befinden sich die Reste der deutschen Militärposten aus den Zeiten des zweiten Weltkrieges.

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Die "Erster Mai" Strasse. Der zentrale Busbahnhof.

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Von links nach rechts: Textilwäscherei. Der Eingang zum Stadion. Das Spielfeld des Stadions.

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Von links nach rechts: Die zentrale Poststelle. Ein Telefonraum. Im Eingangsbereich eines Kinos.

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Die offizielle Anlaufstelle von Poliske. Das Rathaus. Eine Parkanlage mit dem Denkmal der Gefallenen des zweiten Weltkriegs. Eine Gedenkstätte, gewidmet der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl.

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Die inoffizielle Anlaufstelle der Stadt. Ein Kinderspielzeuggeschäft. Ein Restaurant. Ein Kulturhaus.

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Nach einem langen, erholsamen Mittagschlaf stand ich munter auf, um einen Rundgang in Habne zu machen, mir die Bewohner und die Frauen, die Burschen und die Mädchen von Habne anzuschauen, die sich nach „dem letzten Schrei der Mode“ ankleideten.

(Shalom Aleichem "Habne")

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Ich habe schon lange nicht so einen Kantor gehört wie in Habne, lange nicht an solchen Gottesdiensten teilgenommen wie in Habne, lange nicht mehr so einen leckeren Fisch mit Pfeffer, so leckere Nudeln und Zrazy wie in Habne gegessen, schon lange habe ich nicht mehr so süss geschlafen wie die letzte Freitagnacht, den ganzen Samstag schlief ich ebenso wie ein König.

(Shalom Aleichem "Habne")

 

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Die Sperrzone von Tschornobyl

Von Yevgen KRANZ Goncharenko

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